Keine Kuscheldrachen

...äh, träum ich schlecht?
Das dachte ich, als ich zufällig mit dieser Ankündigung im Fernsehen zusammen stieß, aber einen solchen Film gibt es wirklich. Ich habe ihn nicht angeschaut und will mich hier auch nicht über Nazi - und sonstigen Trash echauffieren.
Wohl aber über den Missbrauch von Drachen, diesen faszinierenden Geschöpfen, als befehlshörige Killermaschinen, oder, wie schon seit Jahren, als Kuschel-, Schmunzel-, ja sogar Weihnachtsdrachen, mit ihrer Stärke und ihren pyrotechischen Fähigkeiten einsetzbar für Unterhaltung und Lufttransport von Minderjährigen, für Bewachung und Personenschutz, also für ein ganzes Paket sozialversicherungspflichtiger Tätigkeiten in bürgerlichen und royalen Haushalten.

Ein Drache ist aber, sofern man ihn als solchen definieren kann, nun mal kein Schmusetier. Gut, die schlimmsten Geschichten über ihn, z.B. das Jungfrauenvernaschen, sind wahrscheinlich Unterstellungen der von realen Landesherren verübten Greueltaten. Und zu seinen Goldschätzen hat der Drache auch kein anderes Verhältnis als Onkel Dagobert zu seinen Talerchen - er genießt eben den haptischen Kontakt mit seinem Besitz. Mit ehrlicher Arbeit hat er ihn natürlich nicht erworben, aber welcher Milliardär hat das schon? Ein Präsidentenamt will der Drache in der Regel auch nicht, sondern lieber seine Ruhe.

Wird diese allerdings gestört und sein Besitz angetastet, kann er extrem ungemütlich werden - er ist eben ein analer Charakter und großer Soziopath, auf keinen Führer einzuschwören, und als Spezies von Anfang an auf der Roten Liste.
Schon George Bernard Shaw hielt Wagners Drachen Fafner mit seiner Dauersiesta auf dem Nibelungenschatz für eine Personifikation der ursprünglichen Akkumulation, die, von der Geschichte überholt, zwangsläufig den neuen Kapitalbewegern zum Opfer fallen muss.
Aber nur weil der Drache immer schon der Loser war, wenn auch ein wenig bemitleidenswerter, muss man ihm doch nicht die Würde des alten großen Einzelgängers nehmen und ihn zum gschamsten Diener von Mittelschichtsblagen und Trash-Königinnen degradieren!

Und, Tolkien-Freunde, glaubt ja nicht die Geschichte, dass Smaug, der Fürchterliche, durch einen eisernen Pfeil ein drachengemäßes Ende fand : zunächst resistent gegen die große Verkuschelungsmagie (Zauberspruch "Infantilisite!") konnte er schließlich doch auf Handtaschengröße geschrumpft werden und sitzt jetzt im Reptilienhaus von Oberammergau, Besuchszeit 10 -17 Uhr, Donnerstag und Freitag Ruhetag.