...aber meine Lebensgefährtin Inga und ich erwägen, auch noch zu "heiraten".
Sehr gute alte Freunde könnten mich jetzt daran erinnern, dass ich schon vor 50 Jahren und auch noch vor kurzem gesagt hatte, die Ehe sei ein toter Fisch und als Besiegelung einer Liebesbeziehung eher deren Beendigung, und überhaupt erst zu emotionaler Bedeutung aufgebläht durch das sentimentale Bürgertum seit dem Ende des 18.Jahrhunderts.
Neben den Scheidungsstatistiken gab es ja auch immer genügend Anschauungsmaterial an bereits gescheiterten oder schlecht weiter geführten Ehen, und die wenigen offenbar geglückten langjährigen Lebenspartnerschaften konnte man als die Regel bestätigende Ausnahmen einordnen.
Warum also, um Himmels willen, sollten sich Schwule und Lesben darum reißen, dieses fragwürdige Modell menschlichen Miteinanders gleichberechtigt zu leben? Andererseits, warum auch nicht - Gleichberechtigung kann ja hier das Recht bedeuten, die gleichen Fehler machen zu dürfen.
Meine Sozialutopie wäre die "Verpartnerung für Alle", also den Schutz des Gesetzes für Leute, die in besonderer Weise Verantwortung füreinander übernehmen wollen. Die finanziellen Vorteile der Institution Ehe, die ja durchaus einen Teil ihrer Attraktivität ausmachen, gäbe es aber nur für all jene, die Kinder aufziehen. Und das gesparte Geld wird zweckgebunden in die Förderung von Bildung und Ausbildung umgeleitet.

Bleibt die Frage, warum Skeptiker wie meine Gefährtin und ich diesen Schritt in die Ehe für alle überhaupt in Erwägung ziehen sollten. Aus finanziellen Gründen sicher nicht, und um Kinder zu adoptieren sind wir zu alt. Vielleicht dann aus Solidarität - und weil es Menschen gibt, die uns das alles am liebsten wieder verwehren würden. Die sich zur "traditionellen Familie als Leitbild bekennen" und glauben, "gegen die Stigmatisierung traditioneller Geschlechterrollen, propagiert durch den Gendermainstream" kämpfen zu müssen.
So wie die Partei, für die jetzt Alice Weidel in den Bundestag einzieht. Die Blonde mit der ausdrucksvollen Mimik eines toten Zierfischs ist bekanntermaßen Lesbe und wohnt mit einer Frau zusammen, anstatt am häuslichen Herd und mit Mann die traditionelle Geschlechterrolle auszufüllen. Madame predigt also Wasser und trinkt Wein - ich vermute, für diesen praktizierten Zynismus muss man nicht nur die Minik sondern auch das Gemüt eines toten Zierfischs haben.
Ich gebe zu, die Frau ist mir ein Rätsel. Genauso rätselhaft sind mir aber auch die Leute, die eine solche Spitzenkandidatin gewählt haben.
Wenn eine Lesbe ausreichend Rassistisches und Demokratiefeindliches von sich gibt, stellt sie dann kein Genderproblem mehr dar und darf auch beim völkischen "Mensch ärgere dich doch" mitspielen?
Ach Freunde, verheiratet oder nicht, habt ihr da irgendeine Erklärung, die ich verstehe?