....hörte ich, wie ein blasses Mädle nach veganer Handcreme fragte. Die Verkäuferin begab sich aufgeregt auf die Suche und ich habe mich gewundert – war mir doch unbekannt, dass Kosmetika auch auf Schweineschmalzbasis hergestellt werden. Als ich dann die Inhaltsstoffangaben zu meiner Handcreme nachlas, fand ich da tatsächlich geringe Anteile von Laktaten ( von gequälten Kühen) und Propolis ( von beraubten Bienen). Meine Lieblings-Bodylotion dagegen hielt der Überprüfung auf Tierisches stand, drin steckt allerdings reichlich Palmöl, ein Produkt für dessen massenhafter Herstellung aber nur Regenwälder abgeholzt und Bewohner vertrieben werden.

„Du bist doch auch gegen Massentierhaltung, was arbeitest du dich ausgerechnet an den Veganern ab?,“ fragte mein alter Freund M., „Es gibt gegenwärtig wirklich größere Aufreger, und außerdem kann man mit diesen harmlosen Leutchen wenigstens ins Gespräch kommen.“
Ja, ich hätte ihm gerne Recht gegeben, allerdings las ich gleich danach im ZEIT-Magazin vom 2.August 2018 den autobiografischen Bericht eines Mitarbeiters über sein neues Leben als Veganer. Darin erklärt er offen, über die Konsequenzen aus seiner Lebensweise nur mit Gleichgesinnten, also anderen Veganern und nicht mit irgendwelchen Fleischessern reden zu wollen.
Und konkret gefragt: „Und wenn jetzt alle nur noch vegan essen, was wird dann aus den Nutztieren?“ war seine Antwort: „Darüber können wir anfangen zu reden, sobald die Hälfte der Deutschen so weit ist.“
Aha. Bin ich überempfindlich, wenn mich diese Art von Gesprächsführung an gewisse Sekten erinnert?
Dem Autor des Berichts wurde des Weiteren von einer Kollegin vorgehalten, sie kenne Veganer, die sich nicht scheuen, mit einem SUV die Luft zu verpesten, worauf er meinte, wer das Klima durch vegane Ernährung schützt, könne ziemlich viel mit dem SUV durch die Gegend fahren, bis er den Mischköstler überholt habe.

Da bin ich dann plötzlich wieder in der Schule und soll eine dieser Textausgaben lösen, die man in Gleichungen umsetzen muss, um zu errechnen, ob A oder B billiger eingekauft hat oder wie lange man mit dem Bummelzug von C nach D braucht.
Also dann:

Frau A isst zwar kein Fleisch, konsumiert aber täglich einen Viertelliter Kuhmilch und 250g Milchprodukte wie Joghurt, Käse etc. aus regionaler Produktion.
Frau B ist Veganerin und verbraucht täglich einen Viertelliter Kokosmilch aus Kolumbien und 250 g Soja aus Panama.
Frau A. hat kein Auto, fährt aber täglich ( angenommener Jahresdurchschnitt!) 15 km mit öffentlichen Verkehrsmitteln, den Rest mit einem Fahrrad ohne Elektroverstärkung.
Frau B. fährt mit ihrem SUV täglich ( auch im Durchschnitt) 25 km.
Energieverbrauch von U-Bahn und Zug pro km und Person,
Benzinverbrauch und Schadstoffbelastung pro SUV-km,
Methanausstoß Milchkuh pro Liter,
Kerosinverbrauch und Schadstoffbelastung durch Güterimport per Flugzeug :
siehe eigene Tabellen.

Berechnen Sie: welche Person schadet der Umwelt mehr?

Ich mochte diese Rechnungen noch nie, war aber immer ziemlich gut darin, Resultate abzuschätzen. Und wer es genauer wissen möchte, kann ja selber mal gegenrechnen.
EIN Ergebnis steht fest: der Mensch an sich ist ein Umweltschädling und kann nur versuchen, seine Schadensbilanz möglichst gering zu halten. Und auch wenn ers gerne so hätte: allein über den individuellen Konsum geht es nicht.
Eine Spende für Organisationen, die sich mit Großkonzernen und lobbyistisch infizierten Politikern anlegen, wäre das mindeste. Dafür kann dann Frau A. guten Gewissens einen halben Becher Joghurt mehr essen und Frau B 100 Meter mehr mit dem SUV fahren.